Forschung

Satellitenprojekt "TwinLife Umwelt"

Beispielbild Gehirn 1

In diesem Satellitenprojekt wird untersucht, wie sich wechselnde Eigenschaften der Umwelt eines Menschen auf die kognitiven Funktionen, das Verhalten und das Gehirn auswirken. Dazu arbeitet das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin gemeinsam mit den TwinLife-Forschungsteams der Universität Bielefeld, der Universität Bremen und der Universität des Saarlandes, sowie weiteren Kooperationspartnern am Universitätsklinikum Bonn und am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München zusammen.

Verglichen mit Menschen, die in der Stadt leben, weisen Menschen, die auf dem Land leben im Durchschnitt ein deutlich geringeres Risiko auf, mentale Probleme wie Angstzustände und Depressionen zu entwickeln. Bereits so etwas Kleines wie regelmäßige Spaziergänge  im Wald können in vielen Fällen schon dazu beitragen, das mentale Wohlbefinden und das Denkvermögen nachweislich zu verbessern. Dies sind beides Beispiele dafür, dass unsere Umwelt einen erheblichen Einfluss auf uns Menschen nehmen kann.

Da eineiige Zwillinge genetisch identisch sind, müssen alle Unterschiede zwischen ihnen zwangsläufig umweltbedingt sein. Im Vergleich mit zweieiigen Zwillingen, die genetisch unterschiedlicher sind, eignen sich ihre Daten besonders gut, um herauszufinden, welche Merkmale stark von der Umwelt geprägt werden. Zwillinge wachsen zudem in der Regel sehr ähnlich auf. Allerdings haben sie nie eine komplett identische Lebensumwelt und speziell im Erwachsenenalter gehen sie meist getrennte Wege. So kommen andere Umweltfaktoren wie Unterschiede in der Ausbildung, im Einkommen und in diversen anderen Lebensbereichen hinzu.

Es gibt zahlreiche Studien, die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, dem Verhalten, kognitiven Funktionen und der Hirnstruktur untersucht haben. Die Forschung hat bereits einige Hinweise darauf gefunden, dass das Aufwachsen in der Stadt und auf dem Land mit Unterschieden in der Entwicklung bestimmter Hirnregionen zusammenhängen kann. So gibt es zunehmend Belege für einen positiven Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Grünflächen und der Entwicklung des Hirnvolumens in verschiedenen Phasen des Lebens. Zum Beispiel gibt es Evidenz dafür, dass Jugendliche, die in ländlichen Regionen aufgewachsen sind, ein größeres Volumen der linken Hippocampusformation aufweisen im Vergleich zu Jugendlichen, die in ihren ersten 14 Jahren in einer Stadt gelebt haben (➔ zur Studie). Ein solches, größeres Volumen wurde in der selben Studie außerdem mit einer besseren Leistung der räumlichen Verarbeitung in Verbindung gebracht. Wenig ist allerdings darüber bekannt, auf welche Weise solche Unterschiede zustande kommen. Es braucht daher mehr Forschung, die diese Zusammenhänge erklären kann.

Mit den Erkenntnissen aus diesem TwinLife-Satellitenprojekt soll nicht nur verstanden werden, wie sich die Lebensumgebung auf das Gehirn, die kognitiven Funktionen und das Verhalten auswirkt. Es können auch Vorschläge für Gestaltungsmaßnahmen der menschlichen Lebensumwelt abgeleitet werden, die beispielsweise für die Stadtplanung relevant sein können, um den positiven Einfluss der Umgebung zu fördern (z. B. mehr Grünflächen für positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit).

Die Datenerhebung der Studie erfolgt über Befragungen in Papierform und per Smartphone-App, ergänzt durch Aufnahmen des Kopfes mittels Magnetresonanztomografie (MRT). Außerdem interessieren uns weitere körperliche Merkmale, wie Puls und Speichel, sowie das Bewegungsprofil, welche wir mittels einer bereitgestellten Smartwatch erfassen. Zusätzlich findet eine Messung der Luftqualität statt. Dadurch erhalten die Forscher*innen detaillierte Informationen über die Umwelt der Proband*innen.

 

Information zu Datenspeicherung und Datenschutz

Natürlich handelt es sich bei den aufgelisteten Punkten um äußerst sensible Informationen, die den höchsten Datenschutzstandards unterliegen. Dementsprechend garantiert das gesamte TwinLife-Team den sicheren und vertraulichen Umgang mit den gewonnenen Daten. Nicht zuletzt prüfen eine Ethikkommission, sowie unser Mittelgeber die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Datenschutzbeauftragten der Universitäten den sicheren Umgang damit.

Die MRT-Scans werden vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin in einer sicheren Umgebung nach allen herrschenden medizinischen und datenschutzrechtlichen Standards durchgeführt. Die Daten daraus sowie die weiteren Informationen werden ausschließlich für Forschungszwecke und in anonymisierter Form verwendet. Untersucht werden letztlich zusammengefasste Daten ohne Rückbezug auf eine einzelne Person.

Die Untersuchungen finden auf der Bevölkerungsebene statt. Dabei werden die Daten über Gruppen zusammengefasst, die verschiedene Eigenschaften oder Erfahrungen gemeinsam haben. Es sind nahezu keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich. Das führt uns näher an unser Forschungsziel, die Erklärung von sozialen Unterschieden im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen.

 

Beispielbild Gehirn 1 Was ist ein MRT und wie funktioniert es?

Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist ein Verfahren, bei dem dreidimensionale, anatomische Bilder des Körpers aufgenommen werden. Dazu werden die unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften der verschiedenen Gewebearten ausgenutzt, die sich beispielsweise aufgrund von unterschiedlich hohen Wasser- und Fettanteilen im Gewebe oder durch die unterschiedliche räumliche Dichte von Zellmembranen ergeben. Ein MRT-Gerät kann einerseits strukturelle Bilder (z. B. des Gehirns) und zum anderen funktionelle Bilder (hier wird dem Gehirn beim „Arbeiten“ zugeschaut) liefern. Die MRT-Messung ist eine nichtinvasive Methode, bei der weder Röntgenstrahlen noch Kontrastmittel benötigt werden. Dadurch sind MRT-Messungen besonders risikoarm.


Ablauf einer Messung

Vor der Messung wird den Studienteilnehmer*innen der Ablauf noch einmal genau erklärt. Dann werden die Proband*innen in das MRT-Gerät gelegt. Während der Untersuchung liegen die Teilnehmer*innen mit dem Oberkörper in einer Röhre, die einen Durchmesser von rund 60 cm hat und nach vorne und hinten geöffnet ist. Damit die Aufnahmen scharf werden, sollten sich die Proband*innen während der Messung möglichst nicht bewegen. Damit die Teilnehmer*innen sich wohl fühlen, werden ihnen Kissen, Decken und Gehörschutz angeboten. So können sie während der Messung möglichst entspannt still liegen. Die Untersuchungsleiter*innen stehen während des gesamten Vorgangs über eine Sprechanlage in Kontakt mit den Teilnehmer*innen.

Das Projektteam:

Logo MPI Berlin  
Logo MPI München
     
Logo Universität Bielefeld

 
Logo Universität Bremen

TwinLife-Logo
 
Logo Universität des Saarlandes



Projektleitung:

Prof. Dr. Simone Kühn (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung)
Prof. Dr. Frank M. Spinath (Universität des Saarlandes)
Prof. Dr. Martin Diewald (Universität Bielefeld)
Prof. Dr. Christian Kandler (Universität Bremen)
Prof. Dr. Elisabeth Binder, M.D. (Max-Planck-Institut für Psychiatrie München)