Doppelgeburtenzuwachs: Mehr und mehr Zwillinge
Anfang der 1980er Jahre lag die Rate der Zwillingsgeburten weltweit bei 9 von 1000 – heute sind es 12 von 1000. Dies ist ein verhältnismäßig starker Zuwachs, denn es bedeutet, dass es ungefähr 33% Prozent mehr Zwillingsgeburten (und damit Zwillinge) gibt, als noch vor 40 Jahren. Die Rate der Zwillingsgeburten ist damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnung. Doch woran kann das liegen?
Jährlich werden weltweit inzwischen 1,6 Millionen Zwillinge geboren. Eine kürzlich veröffentlichte umfassende Untersuchung von 165 Ländern und damit 99% der Weltbevölkerung zeigt einen globalen Zuwachs an Zwillingsgeburten. In der Studie wurden außerdem die Ursachen für diesen Anstieg untersucht.
Der größte Anstieg von 70% zeigte sich in Europa, Nordamerika und Teilen Asiens. Zu den Ländern mit dem größten Zuwachs gehören unter anderem Tschechien, Griechenland, Deutschland, die Schweiz und Österreich. Der Anstieg betrifft jedoch nur die zweieiigen Zwillinge, denn der Anteil eineiiger Zwillingsgeburten ist über die Zeit hinweg konstant geblieben.
Prozentuale Veränderung der Zwillingsgeburten pro 1000 Geburten zwischen 1980 und 2015 (aus Monden, Pison & Smits, 2021)
Die Hauptursache sei in vielen Ländern eine vermehrte Nutzung medizinisch assistierter Reproduktion, insbesondere der künstlichen Befruchtung. Um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen künstlichen Befruchtung zu erhöhen, werden häufig zwei oder sogar noch mehr befruchtete Eizellen eingesetzt. Dies führt mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Mehrlingsgeburten. Da Mehrlingsgeburten in vielen Fällen zu Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt führen, werden inzwischen Maßnahmen geschaffen, um dies zu verringern. Dazu gehört eine umfassende Aufklärung dieser Risiken. Zusätzlich werden in einigen Ländern bei einer künstlichen Befruchtung nur noch weniger befruchtete Eizellen eingesetzt.
Ein weiterer Grund für den Anstieg von Zwillingsgeburten ist auch das im Durchschnitt zunehmende Alter der Mütter bei Schwangerschaften. Mit dem Alter sinkt auch die Kapazität der Eierstöcke. Um dem entgegenzuwirken, sendet das Gehirn automatisch eine größere Menge des follikelstimulierenden Hormons (FSH) aus, welches die Eizellreifung stimuliert. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mehr als eine Eizelle produziert wird, welche dann im Anschluss befruchtet werden und zu Zwillingen oder Mehrlingen führen kann.
Welcher der beiden Gründe überwiegt, variiert allerdings von Land zu Land. Ebenso ist es mit der Höhe des Anstiegs. Während in Afrika, wenn überhaupt, nur ein geringer Anstieg der Zwillingsgeburtenrate beobachtet werden konnte, hat sich diese in Südamerika sogar leicht verringert. In Afrika gab es schon immer besonders viele Zwillingsgeburten aufgrund von einer hohen Ausbreitung der entsprechenden genetischen Veranlagung. In Südamerika ist das Gegenteil der Fall. Diese Veranlagung führt dazu, dass mit größerer Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit mehr als eine Eizelle produziert wird. Obwohl die Zwillingsgeburtenrate in Afrika in den letzten Jahrzehnten konstant blieb, erhöhte sich die Anzahl der Zwillinge durch das Bevölkerungswachstum. In Südamerika führte das Bevölkerungswachstum zum Teil zu einer Reduktion dieser dort ohnehin schon selten ausgeprägten genetischen Veranlagung.
Quelle:
Monden, C., Pison, G., Smits, J. (2021). Twin Peaks: more twinning in humans than ever before. Human Reproduction, 36(6), 1666–1673. https://doi.org/10.1093/humrep/deab029.
Weitere Informationen (externe Links):
Twin Peaks: Zwillingsgeburten erreichen weltweit einen neuen Gipfel: www.kinderaerzte-im-netz.de
Zahl der Zwillingsgeburten weltweit auf Rekordstand (aerzteblatt.de)